Das Wetter wird extremer, es gibt Trockenheit im Frühjahr, Hitze im Sommer und nass-kühle Winter. Auch wer den Klimawandel für ein Märchen hält, muss zugeben, dass diese Prognosen von Wetterexperten immer öfter eintreten und sich der Gärtner wohl auf einige Veränderungen einstellen muss.
Geänderte Jahreszeiten
Klassische Jahreszeiten verschieben sich zeitlich und interessieren sich nicht mehr so wirklich für den Kalender. Altüberlieferte Termine sind daher für wichtige Gartenarbeiten kaum noch hilfreich, die Natur ist der gewohnten Zeit meist voraus. Der sogenannte phänologische Gartenkalender wird wichtiger, er ordnet die Termine für wichtige Gartenarbeiten bestimmten Entwicklungsstadien ausgewählter Pflanzen zu – ob diese nun März oder April auftreten. Rosen werden daher nicht stur im März geschnitten, sondern zur Zeit der Forsythienblüte. Und Gehölze können Sie pflanzen, wenn die Schneeglöckchen blühen – dann ist der Boden schon erwärmt.
Wetterextreme nehmen zu
Starkregen, trockenere Sommer und mildere, aber feuchtere Winter – da muss sich der Gärtner mit gezielter Bodenbearbeitung und seinem Giessverhalten anpassen. Ganz grob: Seltener, aber dafür mehr wässern, auf robuste Pflanzen setzen und den Boden so fruchtbar wie möglich machen – und erhalten. Nur dann ist er ein Wasserspeicher und kann Wetterextreme abmildern.
Wo würden Sie als Regentropfen schneller versickern? In einem Schwamm oder einem Stück Holz? Beim Gartenboden ist es genauso. Fördern Sie also Alles, was die Wasserhaltefähigkeit des Bodens wie Kompost oder Mist erhöht und Regen schön schnell versickern lässt. Schon eine Mulchdecke wirkt Wunder, am Hang eine geschlossene Pflanzendecke.
Die Bepflanzung checken
Neues Klima, neue Beet-Ideen: Sie müssen jetzt nicht gleich alles rausreissen und den Garten neu bepflanzen, die Auswirkungen des Klimawandels kommen nicht von heute auf morgen. Sie sollten Sie sich aber beim Anlegen neuer Beete auf die Änderungen einstellen und gleich auf robuste und für den Standort geeignete Pflanzen setzen. Natürliche Pflanzengemeinschaften sind dabei das beste Vorbild, setzen Sie möglichst auf heimische Arten und robuste Steppenpflanzen. Ysop (Hyssopus officinalis) etwa kommt beispielsweise fast ohne zusätzliche Wassergaben aus, ähnlich robust sind Steppenstauden wie Mädchenauge (Coreopsis), Purpursonnenhut (Echinacea) oder die Blauraute (Perovskia). Aber auch die beliebten Taglilien stecken sommerliche Hitzeperioden erstaunlich gut weg.
Wer erst mal alles beim Alten lassen und abwarten will, sollte sich mit reichlichen und erhöhten Wassergaben abfinden. Sammeln Sie möglichst Regenwasser oder denken über eine automatische Bewässerung nach, die Wasser sehr gezielt ausbringt.
Im Gemüsegarten können Sie Trockenperioden mit Frühgemüse austricksen, die wie Saubohnen oder Erbsen schon vor dem Einsetzen der Trockenheit im Sommer reifen. Pflanzen Sie ausserdem Gemüse wie Rote Bete, Wurzelpetersilie oder Pastinaken. Diese wurzeln tief, sehr tief. Früh gesät, erreichen die Wurzeln schon bis Juni fast einen Meter Tiefe und sind damit kaum noch trockenheitsanfällig. Möhren, Salat oder Kohlrabi hassen Hitze, bei ihnen gehören Schattiervliese oder Netze wohl bald zur Standardausstattung.
Schädlinge werden lästig
Es geht gar nicht mal um irgendwelche alles kurz und klein fressende, exotischen Schädlinge aus den Tropen oder dem Mittelmeerraum, die es sich hier dank mildem Klima gemütlich machen. Die werden vielleicht auch noch verstärkt kommen, aber bis dahin profitieren erst mal heimische Schädlinge vor allem von den milden Wintern und dem verlängerten Herbst. Die Schädlinge schaffen mehr Generationen im Jahr, die vielen Tiere kommen auch noch besser über den Winter und schlagen dann deutlich früher als sonst zu. Buchsbaumtriebsterben, Kirschessigfliegen und Buchsbaumzünsler werden gerne mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht, sind es aber nicht. Zikaden und Wanzen sind dagegen echte Klimaprofiteure, die die Hitze lieben.
Der Boden wird wärmer
War der Winter immer die Zeit der Ruhe, muss man künftig ganzjährig mit Unkraut rechnen und jäten. Wichtig: Mulch. Der bedeckt den Boden nicht nur, sondern regelt auch die Temperatur. Mulcht man im Frühjahr bei kaltem Boden, kann man den sommerlichen Temperaturanstieg im Boden etwas abmildern.
Wird denn auch was besser?
Der grösste Vorteil vom Klimawandel ist die um bis zu einem viertel Jahr verlängerte Gartensaison, was sich vor allem im Obst- und Gemüsegarten bemerkbar macht. Aber auch Kübelgärtner profitieren von milderen Wintern:
Sie müssen Kübelpflanzen erst spät einräumen, nach dem ersten Frost im Oktober oder November bleibt es oft wochen- oder sogar monatelange immer über 0°C, ausreichend für robuste Pflanzen. In den ersten Frostnächten stellen Sie die Kübel einfach ins Haus oder die Garage und nachher wieder ins Freie. Erst wenn richtige Frostperioden drohen, kommen die Pflanzen ins endgültige Winterquartier. Manche Kübelpflanzen wie Oleander, Olivenbaum und Agapanthus können wohl in immer mehr Gegenden sogar nahezu den ganzen Winter draussen bleiben. Oleander verträgt Temperaturen bis -5°C problemlos. Im Frühjahr geht’s dann auch wieder zeitig ins Freie – mit kritischem Blick aufs Wetter.
Wenn Gemüsebeete im Herbst frei werden, können Sie wie gewohnt Gründünger aussäen – oder Sie probieren es noch mit einer weiteren Kultur und hoffen, dass es nicht so schnell friert. Salat wächst durchaus bis in den Dezember. Probieren Sie es ab September noch mit Blatt-, Kohl- und Wurzelgemüse wie Radicchio, Zuckerhut, Chinakohl oder Rettich. Halten Sie aber ein Schutzvlies bereit, das Sie bei Frost mit doppelt gelegtem Vlies abdecken. Längere Frostperioden beenden das Experiment Spätgemüse allerdings; das muss man in Kauf nehmen.