Dass gesunde Pflanzen mit einer Pyramide zu tun haben, würden die wenigsten erwarten. Beim Prinzip des integrierten Pflanzenschutzes ist es aber so. Eigentlich verbindet man den Begriff eher mit der Landwirtschaft, doch auch Hobbygärtner können sich daran orientieren. Der Vergleich mit einer Pyramide kommt daher, dass ganz oben und als letzte Massnahme die chemische Bekämpfung steht. Nicht-chemische Massnahmen wie ein biologisches oder physikalisches Vorgehen sowie die Vorbeugung durch Pflanzenstärkung bilden das Fundament. Was heisst das in der Praxis?
Wer verhindern will, dass eine Pflanze überhaupt erkrankt, muss nicht auf Chemie zurückgreifen. Viel wichtiger ist es, die Pflanzen zu stärken, um sie möglichst unempfindlich gegenüber Witterungsstress und hungrigen Schädlingen zu machen. Die Pyramide des integrierten Pflanzenschutzes durchzugehen, benötigt Zeit und den Willen, sich Detailwissen anzueignen. Ein Engagement, das sich zum Wohle der Umwelt und der Biodiversität unbedingt auszahlt.
Robuste Pflanzen sind die Basis
Der erste Punkt betrifft die Pflanzenauswahl. Widerstandsfähige, robuste Sorten, zum richtigen Zeitpunkt ausgepflanzt und ausgewogen gedüngt, werden weniger schnell Opfer von Blattlaus und Co. Gleichzeitig ist wichtig, sich nach den Vorlieben – und Schwächen – der Pflanzen zu richten. Im Gemüsegarten sind Mischkulturen das Stichwort. Aber auch pflanzenspezifische Massnahmen gehören dazu. Beispiel Tomaten: Mittlerweile gibt es diverse Sorten, die relativ robust gegen Kraut- und Braunfäule sind. Auch veredelte Pflanzen – hier werden aromatische Sorten auf robuste, weniger wohlschmeckende Sorten aufgepfropft – sind weniger anfällig. Doch immun ist keine. Das heisst: Die Pflanzen benötigen einen geschützten, sonnigen Platz, wo kein Regen auf ihre Blätter trifft, zum Beispiel in einem Tomatenhaus. Denn je feuchter das Laub, desto eher kann sich die Pilzkrankheit etablieren.
Grundsätzlich gilt bei der Pflanzenauswahl: Sie muss standortgerecht sein. Sonnenhungrige Pflanzen werden im Schatten von Hecken und Gebäuden ein Spinnmilben-getränktes Dasein fristen. Die wenigsten Hortensien, auch der beliebte Japanische Blumenhartriegel Cornus kousa, kommen mit sehr kalkhaltigen Böden zurecht. Die Standortwahl richtet sich auch nach der Sonnenintensität, der Feuchtigkeit des Bodens und der Bodenbeschaffung, sprich, ob er tiefgründig oder locker ist.
Alarmzeichen Staunässe
Ein weiterer Punkt ist die Qualität des Bodens. Verdichtung ist hier das Stichwort. Sind Spurrillen von Baggern erkennbar, in denen sich Regenwasser sammelt? Besteht der Boden aus grossen, kompakten, scharfkantigen Klumpen, die kaum Hohlräume aufweisen? Falls die Antwort jeweils «ja» lautet, ist er verdichtet. Speziell schwere Böden mit hohem Tonanteil neigen eher dazu als leichte, sandige Böden, insbesondere bei Nässe. Durch hohen Druck von oben – beispielsweise Baumaschinen – werden die Bodenporen zusammengedrückt, wodurch die Bodenbelüftung nachlässt. Das Resultat sind Staunässe, Sauerstoffmangel, eine verringerte Nährstoffaufnahme und ganz generell ungünstige Wachstumsbedingungen. Welche Hilfe gibt es für ausgelaugte Böden? Das lässt sich hier nachlesen.
Gesunder Boden = gesunde Pflanzen
Überhaupt, der Boden. Ihm Sorge zu tragen, ist die wichtigste Aufgabe im Garten. Je gesünder und fitter er ist, desto gesünder sind auch die Pflanzen. Was macht einen gesunden Boden aus? Orientierungspunkt ist die Menge an Lebewesen, die ihn bewohnen. Dazu gehören Käfer, Regenwürmer, Springschwänze, Bakterien, Pilzen, Asseln, Milben und unzählige andere Organismen. Sie wandeln tote organische Stoffe in Humus um. Um das Bodenpersonal – und damit die Pflanzen – zu aktivieren und fit zu halten, helfen Mulchschichten aus Rasenschnitt, Stroh oder Kompost. Auch Steinmehle, selbstangesetzte Jauchen oder Produkte auf Basis von effektiven Mikroorganismen sind sehr wichtig. Sie stärken die Pflanzen und tun der Bodengesundheit wohl. Sie auszubringen, ist einfach. Je nach Einsatzbereich werden sie ins Giesswasser gegeben (als Dosiergerät perfekt geeignet ist der Aquamix), gesprüht (infrage kommen der Super Star oder, falls mehr Volumen erforderlich ist, der Garden Star), im Wurzelbereich verteilt oder übers Laub gestäubt (ideal dafür ist der Bobby 0.5).
Vorausschauend düngen
Düngung ist ein weiteres Thema. Wem das Wohl der Bodenorganismen am Herzen liegt, verzichtet auf mineralische Dünger und verwendet stattdessen organische. Das können Hornspäne, Kompost, Schafwolle oder Pferdemist sein; Produkte also, die natürlichen Ursprungs und häufig Abfallstoffe aus der Landwirtschaft sind. Während mineralischen Dünger auf einen Schlag wirken und ständig die Gefahr von Überdüngung droht – Haus- und Schrebergärten sind klassischerweise hoffnungslos überdüngt – geben sie die Pflanzennährstoffe witterungsabhängig und etappenweise frei. Optimale Düngereigenschaften besitzen auch Wurmkompost und Wurmtee. Deren Gesamtnährstoffgehalt ist höher als der des „normalen“ Komposts, mit deutlich verbesserter Nährstoffverfügbarkeit.
Nützlinge und Pflanzenpflege
Vorbeugen betrifft auch das Fördern von Nützlingen. Eine artenreiche Bepflanzung, die einer Vielzahl unterschiedlicher Insekten, Reptilien, Amphibien und Vögel Nahrung bietet, ist das beste Werkzeug gegen hungrige Schädlinge. Hinzu kommen Fruchtfolge, Pflanzenpflege und Bewässerung. Damit die Bodenschichten möglichst intakt bleiben, wird der Boden nur gelockert, nicht umgegraben. Im Gemüsegarten gilt: nur die oberste Bodenschicht mit Grubber oder Gartenhacke regelmässig hacken. Damit unterbricht man die Kapillaren, durch welche das Wasser aus dem Boden verdunstet, und sorgt dafür, dass die Feuchte länger zurückbleibt. Gegossen wird regelmässig und bedarfsgerecht, und zwar in den frühen Morgenstunden, wenn die Sonne das Laub rasch abtrocknet. Und zwar immer nach dem Grundsatz: Lieber einmal kräftig giessen als in vielen kleinen Dosen.
Biologische, physikalische – und chemische Massnahmen
Haben sich die Blattläuse erst einmal etabliert und ist das Rosenlaub weiss vom Mehltau, kommen zunächst nicht-chemische Massnahmen zum Einsatz. Mit biologischen lockt oder siedelt man beispielsweise Florfliegen oder Maikäfer an, physikalisch indem die befallenen Blätter und Triebe weitläufig entfernt werden. Weitere Tipps sind hier zu finden.
Führt kein Weg mehr daran vorbei, ist der letzte Schritt der Einsatz von chemischen Spritzmitteln. Zum Schutz von Umwelt und Anwender sollte man die Mittel unbedingt richtig auswählen und sich über ihren Einsatz professionell beraten lassen. Zu beachten ist, dass auch Nützlinge durch die Mittel in Mitleidenschaft geraten und sie sich nachteilig auf die Bodengesundheit auswirken können. Es gilt: So wenig wie möglich, so viel wie nötig.