Erfolgreich gärtnern geht auch ohne Erde

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Zimmerpflanzengärtner lassen sich zwei Gruppen zuordnen: Die eine zieht ihren Bogenhanf in normaler Blumenerde, die andere setzt auf braune Tonkügelchen. Wer keinen grünen Daumen hat, gehört meist zur zweiten Fraktion. Ebenso wie all diejenigen, die einen grünen Arbeitsplatz zwar schätzen, aber keine Lust auf die Pflanzenpflege haben. Erfolgreich gärtnern mit wenig Aufwand: Möglich ist das dank Hydrokultur.

Um zu wachsen, benötigen Pflanzen Licht, Wasser und Nährstoffe. Was bei dieser Aufzählung fehlt, ist die Pflanzerde. Zwar ist sie die Quelle der fürs Wachstum erforderlichen Nährstoffe – die können aber auch auf andere Weise zugeführt werden. Letztlich ist die Erde im Topf nur deswegen da, damit sich die Pflanzenwurzeln irgendwo «festhalten» können.

Wie Popcorn in der Mikrowelle
Bei der Hydrokultur wird anstelle von Blumenerde ein anorganisches Substrat meist aus Blähton eingesetzt. Da sich Trauermücken oder über den Boden übertragbare Pilze darin nicht etablieren können, sind diese Substrate erheblich hygienischer als organische Erden – kein Wunder, dass man in Krankenhäusern oder Altenheimen auf sie trifft. Auch professionelle Innenraumbegrüner setzen auf Blähton und oder strukturstabile Gesteine.

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Blähton verrottet weder mit der Zeit noch verdichtet er sich. Das hält die Pflanzenwurzeln längerfristig gesund.

 

Den Ausgangsstoff für die nierenförmigen Blähtonkügelchen bilden granulierte, kalkarme Tonstücke, die in einem Brennofen bei etwa 1200 Grad Celsius gebrannt werden. Ähnlich wie bei Popcorn in der Mikrowelle dehnt sich der Ton aus, verliert an Dichte und bildet Luftblasen. Das daraus entstandene Kultursubstrat kann Wasser absorbieren, ist extrem porös und sehr strukturstabil.

Den Wasserstand immer im Blick
Ein Hydrokultur-Pflanzsystem besteht aus mehreren Elementen. Zentral ist der Innentopf mit seitlichen Schlitzen, in den der Blähton gefüllt und die Pflanze gesetzt wird. Seitlich ist das Behältnis mit einer Aussparung für einen Wasserstand-Anzeiger versehen. Dieser informiert anhand einer Skala, wann wieder Zeit zum Giessen ist. Platziert wird der innere Kulturtopf in einem zweiten, grösseren und wasserundurchlässigen Übertopf, der je nach System aus Keramik, Metall, Kunststoff oder anderen Materialien bestehen kann.

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Eine Wasserstandsanzeige hilft den richtigen Giesszeitpunkt zu finden.

 

Gerade Pflanzenneulinge tun sich beim Giessen ihrer Zimmerpflanzen oft schwer. Mit gutem Grund: Wer zu viel oder zu oft wässert, riskiert, dass die Pflanze Wurzelfäule davonträgt und abstirbt. Steht die Pflanze zu trocken, verabschiedet sie sich ebenfalls. Mit der Wasserstandsanzeige im Gefäss passiert das kaum. Ist das Reservoir leer und die Anzeige auf unter null gerutscht, ist höchste Zeit zum Giessen. Und wer an heissen Sommertagen seinen grünen Stadtdschungel nicht jeden Tag wässern will, dem kommen die langen Giessintervalle entgegen. Je nach Standort, Gefässgrösse und Pflanze können die Giesspausen eine bis mehrere Wochen betragen.

Umstellung von Pflanzerde auf Hydrokultur
Fast alle Pflanzen lassen sich in Hydrokultur kultivieren, doch am einfachsten funktioniert es mit Jungpflanzen oder Ablegern. Bei älteren, gut angewachsenen Pflanzen ist die Umstellung schwieriger, ab einem bestimmten Alter ist sie unmöglich. Denn um Erfolg zu haben, muss die Erde komplett aus dem Wurzelbereich entfernt werden, was bei älteren Exemplaren kaum ohne Schaden gelingt.

Wer es versuchen möchte: Das Frühjahr ist der beste Zeitpunkt dafür. Dazu muss man den Wurzelballen vorsichtig mit lauwarmem Wasser abduschen und gründlich von der anhaftenden Erde befreien – im Zweifelsfall sogar unter Einsatz einer Pinzette. Verletzte oder abgestorbene Wurzeln werden mit einem scharfen Messer entfernt, die Schnittstelle mit pulverisierter Holzkohle desinfiziert. Die von Erde befreiten Wurzeln werden nun in das Hydrokultur-Substrat eingebettet. Anschliessend klopft man den Gefässboden behutsam auf den Boden, damit sich die Tonkugeln zwischen den Wurzeln verteilen. Zum Schluss stellt man den fertig bepflanzten Innentopf in den wasserdichten Übertopf. Beim Angiessen muss man darauf achten, dass der Wasserstand nicht über das Optimum hinausgeht.

Für gute Wachstumsbedingungen sorgen
Das Umpolen von Erd- auf Blähtonkultur ist eine regelrechte Rosskur für die Pflanze, bei der die feinen Haarwurzeln, die für die Aufnahme von Sauerstoff zuständig sind, meist zerstört werden. Um die Wurzelneubildung zu fördern, lohnt es sich, die Pflanze regelmässig mit einem Handsprühgerät – wie zum Beispiel dem Melua - einzunebeln, um der Verdunstung von Wasser über die Blätter entgegenzuwirken. Gedüngt wird über Spezialdünger, die man dem Giesswasser beigemischt. Es gibt sie auch als Langzeitdünger in Granulatform, die für drei bis sechs Monate den Pflanzen alle Nährstoffe liefern, die sie brauchen.

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Über Judith Supper

IMG_9165_HPJudith Supper ist Fachjournalistin, Texterin und Mitinhaberin des Medienbüros Brizamedia, das seit seiner Gründung 2015 einen umfassenden Medienservice für die grüne Branche bietet. Seit bald zehn Jahren ist Judith Supper für Fachmedien im In- wie Ausland tätig, darunter auch die bedeutendsten Fachzeitschriften des deutschsprachigen Raums. 2011 ging sie mit „Pflegeleichte Gärten gestalten“ (Christian Verlag) unter die Buchautoren und war von 2011 bis 2014 als leitende Redaktorin für g’plus (Herausgegeben von JardinSuisse, Unternehmerverband Gärtner Schweiz) beschäftigt. Egal ob eine Reportage über Pflanzenzucht im Weltall, ein Messebericht von der Chelsea Flower Show oder Portrait eines Floristik-Unternehmens, ihr Anliegen ist es, komplexe Inhalte leserfreundlich aufarbeiten, dabei aber niemals die fachlichen Sachverhalte aus den Augen zu verlieren.

Ihre Haupt-Interessensgebiete liegen in den Bereichen:

  • Umwelt- und Naturschutz
  • Gartenpraxis: Zier-, Nutz- und Naschgarten
  • Nachhaltigkeit und Biodiversität
  • Gartenkultur

www.brizamedia.ch

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